Generation „maybe“

Jeder von uns kennt Menschen, denen man ab und an beim Laufen die Schuhe besohlen kann, die sich schwer oder gar nicht entscheiden können, die ewig rumdrucksen, die stundenlang überlegen und nicht gleich auf Fragen antworten können, die Dinge bis Sankt Nimmerlein aufschieben, die hoffen, dass sich einige Dinge von selbst erledigen, die immer spontan und flexibel sein wollen, wodurch Termine einzuhalten ein Ding der Unmöglichkeit werden kann…

Herzlich Willkommen in der Generation „maybe“! Maybes sind zwischen 1980 und 2000 geboren und wurden schon als Kleinkinder vor eine riesen Auswahl gestellt. Im Zusammenhang mit einer, häufig praktizierten, antiautoritären Erziehung hat man einige aus dieser Generation zu absoluten Nervensägen gemacht, was das Resultat einer schlichten Überforderung ist.

In jedem Lebensbereich gab es zu viele Möglichkeiten, zu viel Auswahl, alle wollten viel von einem und man selbst will nun auch so viel wie möglich. Man hat es einfach nicht anders gelernt. Was als Kind noch irgendwo in Ordnung und nachvollziehbar ist, stellt Erwachsene vor eine große Herausforderung. Wer Karriere machen will, der muss Entscheidungen treffen. Diese müssen möglichst schnell getroffen werden und natürlich müssen sie richtig sein. Man muss auch mal Risiken eingehen, man muss verbindliche Aussagen treffen, man muss Termine machen und einhalten und man muss Pläne machen.

Das alles haben viele Maybes nie gelernt und reagieren mit zunehmender Überforderung und Burnout. Natürlich sagen sie das niemandem, denn das könnte ja verbindlich sein und ein schlechtes Bild machen. Außerdem ist Aussitzen viel bequemer und man schadet keinem.

Leider sieht das in der Realität ganz anders aus. Nicht zu fragen, nichts zu sagen, weil man niemanden stören, niemandem schaden und nicht auffallen will, kostet die Wirtschaft unfassbar viel Geld.

Auch im Privatleben sind solche Angewohnheiten oft störend, wodurch man Kontakte verliert und immer wieder neue suchen muss; schließlich sollte man ja einen großen Freundeskreis haben.

Jemand hat mal gesagt, dass Maybes gerne Lebenskünstler sein wollen, jedoch denken wie Beamte.

Maybes sind nicht Fisch und nicht Fleisch und somit ist der Begriff der Selbstfindung in solchen Fällen keinesfalls ins Lächerliche zu ziehen; sie wissen wirklich nicht, welche Identität denn nun die richtige für sie ist.

Das Problem vieler Maybes ist, dass sie nur am Rennen sind. Sie sind immer aktiv, Passivität hat ein schlechtes Image und so sehen sie nicht, woran sie vorbeilaufen. Wichtig ist hier ein bewusster Stopp. Man darf in seiner Freizeit irgendwo rumliegen und dösen. „Faulsein“ sollte endlich den Negativstempel loswerden, denn nur „Faulsein“ versetzt uns in die Lage, überhaupt langfristig funktions- und leistungsfähig zu sein. Während des Faulseins werden die Akkus geladen, man räumt auf und wirft einiges weg – das ist sehr wichtig! Aufgeräumt und klar im Kopf zu sein bedeutet wirkliche Freiheit.

Wer einen freien Kopf hat, der kann spontan und flexibel reagieren und der wird auch die richtigen Entscheidungen treffen. Es hat auch nichts mit Faulheit oder Schwäche zu tun, wenn man sich Termine, Gedanken und Erledigungen aufschreibt. Im Gegenteil! Man betreibt einfach nur sinnvolles „outsourcing“. Alles was stört und blockiert, wird auf Papier/ins Smartphone… ausgelagert. Das bedeutet dann auch nicht, dass man sofort alles abarbeiten muss. Meine Yoga-Lehrerin hat immer gesagt, dass alles seine Zeit hat und in dieser Zeit erledigt werden sollte – nicht früher und nicht später. Gerade im Privatleben sollte man sich auf sein Bauchgefühl verlassen. Was kann denn Schlimmes passieren, wenn ich heute mal keine Lust auf Putzen habe? Was kann denn Schlimmes passieren, wenn ich Lust auf einen Kaffeeklatsch habe und meine Freundin frage, ob sie nicht vorbeikommen möchte. Ja, sie könnte Nein sagen – und dann? Fallen wir dann tot um? NEIN!

Wo wir schon beim nächsten Thema sind. Nein sagen. Niemand wird mich für einen schlechten Menschen halten, wenn ich mal nein sage. Verbannt solche Gedanken bitte aus euren Köpfen! Die meisten können viel mehr mit einem Nein anfangen, als mit einem vielleicht. Ein Vielleicht ist unsicher, schwört Stress herauf und macht euch wesentlich unzuverlässiger, als ein Nein. Euer Gegenüber könnte dann kurzzeitig etwas schmollen, aber das ist besser, als vielleicht zu sagen, um dann kurz vor Ultimo doch Nein zu sagen.

Niemand kennt eure Kapazitäten so gut wie ihr. Wie ihr sie nutzt, müsst ihr früher oder später entscheiden und in den meisten Fällen ist früher besser. Wer genau weiß, was auf einen zukommt, der geht entspannter an alles heran und hat auch Luft für spontane Angelegenheiten.

 

So, jetzt habe ich viel mehr zu dem Thema geschrieben, als eigentlich auf meinem Notizzettel stand. Ich hoffe, dass ich ein wenig Licht ins Dunkel bringen konnte und freue mich nun über eure Fragen, Anregungen und sonstiges Feedback! 

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